06.08.2018

Einzelabsaugung oder Zentralanlage?

Was ist sinnvoller: Zentrale oder dezentrale Absaugung? Eine Entscheidungsgrundlage...

Bei umfangreicheren Projekten und komplexeren Anwendungsfällen stellt sich häufig die Frage, ob eine zentrale oder mehrere dezentrale Luftfilteranlagen die generell sinnvollere Lösung sind. Beide haben, abhängig vom Anwendungsfall, ihre Berechtigung.
Begriffsbestimmung

Zunächst gilt es die Begriffe „zentral“ und „dezentral“ zu präzisieren, denn im Zusammenhang mit der Planung einer Luftfilteranlage ist das Wort „zentral“ als relativ zu verstehen. Eine Zentralanlage kann zur Reinigung der Luft in einer gesamten Produktionshalle eingesetzt werden (Zentralanlage für Produktionshalle X) oder aber für die Filtration der Luft in einem bestimmten Produktionsbereich innerhalb einer Produktionshalle (Zentralanlage für Produktionsbereich Y).

Ähnliches gilt für eine dezentrale Luftfilteranlage. Diese kann an nur eine Emissionsquelle oder an eine kleine Gruppe von Emissionsquellen, die nur Bestandteil einer größeren Gesamtheit sind, angeschlossen sein. Eine zutreffendere Bezeichnung statt „dezentrale Luftfilteranlage“ wäre daher Einzelabsaugung (wenn die Luftfilteranlage mit nur einer Emissionsquelle/Maschine verbunden ist) oder Gruppenabsaugung (wenn die Luftfilteranlage mit einer Gruppe von Emissionsquellen/Maschinen verbunden ist). Um keine Verwirrung zu schaffen, wird nachfolgend für die Einzel- oder Gruppenabsaugung durchgängig der Begriff „dezentrale Luftfilteranlage“ verwandt.

Zentrale Luftfilteranlage
(Zentralanlage)

Luftfilteranlage, bestehend aus einem Luftfiltergerät mit Nebenaggregaten, an das über ein in der Regel insgesamt langes Rohrleitungssystem mehrere Emissionsquellen (z.B. abzusaugende Werkzeugmaschinen) angeschlossen sind.

Dezentrale Luftfilteranlage
(Einzel- oder Gruppenabsaugung)

Luftfilteranlage, bestehend aus einem kompakten Luftfiltergerät, das entweder über eine sehr kurze Rohrleitung oder aber direkt an eine Emissionsquelle (z.B. eine abzusaugende Werkzeugmaschine) oder eine kleine Zahl von Emissionsquellen (z.B. eine Gruppe von Werkzeugmaschinen, eine so genannte Fertigungsinsel) angeschlossen ist.

Ausgangslage

Nicht alle Funktionsprinzipien zur Filtration und Reinigung von Luft eignen sich jeweils für den Einsatz in einer zentralen oder dezentralen Luftfilteranlage. Die Gründe dafür sind durch das jeweilige Funktionsprinzip, die Art der zu beseitigenden Emissionen und die Quantität der Emissionen bedingt. Auch Kosten-/Nutzenüberlegungen spielen hier eine Rolle. Insofern wird bei den nachfolgenden Ausführungen davon ausgegangen, dass die Entscheidung für ein Funktionsprinzip, basierend auf den Daten des Anwendungsfalles, bereits getroffen wurde.

Vor- und Nachteile
zentraler und dezentraler Luftfilteranlagen

Zentralanlagen

Vorteile

Nachteile

A. einfache Funktionsüberwachung durch nur eine Kontroll- und Steuereinheit

B. Wartung von einer zentralen Stelle aus möglich

C. hohe Investitionskosten

D. großer Platzbedarf

E. hoher Reinigungs- und Wartungsaufwand auf Grund langer Rohrleitungen

F. Installation eines aufwendigen Rohrsystems notwendig

G. geringe Flexibilität der Anlage

H. aufwendige Installationsarbeiten

I. hoher Energiebedarf

Dezentrale Anlagen

Vorteile

Nachteile

J. geringe Rohrleitungslängen

K. geringe Luftleistung erforderlich

L. mit Emissionsquellen (Maschinen) einzeln abschaltbar

M. geringer Platzbedarf

N. einfache Installation

O. größere Fertigungsbereiche können Schritt für Schritt mit Filteranlagen ausgestattet werden

P. geringer Energiebedarf

Q. Überwachung und Wartung einer größeren Zahl von Filteranlagen notwendig

Soweit sie nicht selbsterklärend sind, werden hier einzelne Vor- und Nachteile weiter erläutert:

Zu C. Hohe Investitionskosten

In Bezug auf die Luftleistung und die notwendige Filterfläche sind zentrale Anlagen notwendigerweise größer als dezentrale. Damit einher gehen ein größerer Platzbedarf sowie höhere Investitionskosten wegen der Größe der Anlage, dem aufwendigen und langen Rohrleitungssystem sowie der langwierigen Montagearbeiten.

Zu E. Hoher Reinigungs- und Wartungsaufwand

Zentralanlagen müssen über ein insgesamt langes Rohrleitungssystem mit den einzelnen Emissionsquellen verbunden werden. Über das Rohrleitungssystem wird die verunreinigte Luft zur Luftfilteranlage geführt. Mit steigender Betriebsdauer der Anlage verschmutzt die Rohrleitung durch sich darin ablagernde Emissionspartikel (kondensierte Flüssigkeit, Materialabrieb). Bei langen Rohrleitungssystemen entfällt aufgrund deren Komplexität der aus kurzen Systemen bekannte Selbstreinigungseffekt.

Da verschmutzte Rohrleitungen eine Gefahrenquelle darstellen, ist es, auch im Interesse des Erhalts der Leistungsfähigkeit und Betriebssicherheit der Luftfilteranlage, notwendig, das Rohrleitungssystem regelmäßig von innen zu reinigen. Bei einem langen Rohrleitungssystem ist das entsprechend aufwendig und damit auch kostenintensiv.

Zu G. Geringe Flexibilität

Eine Zentralanlage kann nur schwer an geänderte Betriebsbedingungen angepasst werden. Sollen beispielsweise einzelne an die Anlage angeschlossene Emissionsquellen/Maschinen aus produktionstechnischen Gründen anders platziert werden, muss das Rohrleitungssystem entsprechend umgebaut werden.

Zu I. Hoher Energiebedarf

Zentralanlagen müssen stets vollständig eingeschaltet sein, Teilabschaltungen - z.B. wenn einige der an die Anlage angeschlossenen Maschinen gar nicht arbeiten und demzufolge auch nicht abgesaugt werden müssen - sind nicht möglich. Da Zentralanlagen in der Regel über große Ventilatoren mit entsprechender Antriebsleistung verfügen, ergibt sich ein höherer Energiebedarf.

Zu Q. Überwachung und Wartung

Bei dezentralen Anlagen muss eine größere Zahl von Filtergeräten überwacht werden. Es ist zwar technisch möglich, die Überwachung der einzelnen Anlagen in einer Steuereinheit zentral zusammen zu fassen, dies unterbleibt in der Praxis jedoch. In der Regel wird die Überwachung und Steuerung der Filteranlage in die Steuerung der angeschlossenen Maschine integriert und die Wartung der Filteranlage in den Wartungsplan der jeweiligen Maschine integriert.

Fragestellungen

Bei der Auswahl einer zentralen oder dezentralen Luftfilteranlage müssen die Antworten auf folgende Fragen berücksichtigt werden:

1. Steht genügend Platz für eine große Zentralanlage zur Verfügung?

2. Besteht die Möglichkeit, ein komplexes und aufwendiges Rohrleitungssystem zu installieren (großen Durchmesser des Hauptrohres bedenken, auf Kranbetrieb achten)?

3. Ist sich der Anlagenbetreiber über die hohen Neben- und Folgekosten einer Zentralanlage im klaren (Flächenverbrauch, Energiebedarf, Wartungsaufwand)?

4. Ist das Investitionsbudget für eine Zentralanlage (Investition fällt in einer Summe an) hoch genug?

5. Ist der Produktionsbereich, in dem die abzusaugenden Maschinen stehen, in seiner Konzeption statisch (ohne große mehr oder minder regelmäßige Maschinenumstellungen etc.)?

Wenn mindestens eine Antwort auf die vorstehenden Fragen „nein“ lautet, sollte die Entscheidung für eine dezentrale Luftfilteranlage getroffen werden.

Erfahrungswert

DIE richtige Luftfilteranlage gibt es nicht, da stets der Anwendungsfall insgesamt bei deren Auswahl berücksichtigt werden muss. Zentrale und dezentrale Luftfilteranlagen haben jeweils ihre grundsätzliche Berechtigung. In der Praxis hat es sich bewährt, nicht mehr als ca. 15 Emissionsquellen/Maschinen an eine Luftfilteranlage anzuschließen.

Lieferantenbewertung

Im Rahmen eines größeren Projektes ist die Entscheidung für eine zentrale oder dezentrale Luftfilteranlage eine Systementscheidung. Für den Fall einer zentralen Anlage leuchtet das unmittelbar ein: schließlich liefert ein Hersteller eine Luftfilteranlage. Im Interesse einer einfachen Wartung sollte dies auch bei der Entscheidung für eine dezentrale Lösung so sein: ein Lieferant liefert mehrere kompakte Luftfilteranlagen. Dadurch wird gewährleistet, dass die zu wartenden Anlagen alle gleicher Art sind. Dies erleichtert die Wartung und vereinfacht die Bevorratung von Verschleiß- und Ersatzteilen.

Der Bewertung des Lieferanten kommt im Zusammenhang mit der Systementscheidung hohe Bedeutung bei. Kriterien wie technische Erfahrung, Fähigkeit zur Abwicklung größerer Projekte, Marktpräsenz, Produktqualität und Ersatzteilversorgung sowie technische Unterstützung des Anlagenbetreibers und Kundenservice sind dabei wichtig.

Kaufmännischer Nebeneffekt

Während bei einer Zentralanlage die Kosten für die Investition in einer (hohen) Summe anfallen, kann bei dezentralen Anlagen die Investition auf einen wählbaren Zeitraum verteilt werden.


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